Bolivien: Einer von 800.000

22. Februar 2017

Rubén begann seinen ersten Job, als er fünf Jahre alt war. Barfuss und schmutzig stand er neben seiner Mutter Inés an vollgestopften Bushaltestellen und verkaufte belegte Brote und Getränke. Noch bevor er zehn Jahre alt wurde, hatte Rubén bereits Autos gewaschen, Schlösser repariert und Schuhe geputzt.

Rubén ist einer von geschätzten 800.000 Kinderarbeitern in Bolivien, dem ärmsten Land Südamerikas. Diese Kinder und Jugendlichen machen mehr als 20 Prozent der Bevölkerung unter 14 Jahren aus. Wie Rubén kommen viele dieser Jungen und Mädchen aus einem Zuhause mit nur einem Elternteil. Rubéns Vater hatte seine Mutter verlassen, als sie schwanger war. An seine ersten Lebensjahre hat er verschwommene Erinnerungen von erzwungenen Wohnungsräumungen, als seine Mutter damit kämpfte, die Miete zahlen zu können. Als Rubén zu arbeiten anfing, machten die wenigen Bolivianos, die er jede Woche verdiente, gerade einmal den Unterschied aus, ob es Reis und Bohnen zu essen gab oder ob er hungrig zu Bett gehen musste.

Seiner Mutter Inés brach es das Herz, dass ihr Junge arbeiten musste - dass er zu den 25 Prozent aller Kinder in ihrem Viertel zählen würde, die niemals eine Schule besuchen würden. „Rubén als einen kleinen Jungen arbeiten zu sehen, machte mich traurig. Ich sorgte mich darum, wie sein Leben wohl aussehen würde“, erinnert sich seine Mutter.

„Manchmal hatten wir nicht mal ein Brot“

Rubéns Aussichten nahmen eine dramatische Wende, als er im Iglesia Nazareth Student Center aufgenommen wurde, dem Compassion-Projekt einer Gemeinde. Bald erhielt er einen Paten, dessen Unterstützung es Rubén ermöglichte, zur Schule gehen zu können, denn die Kosten für seine Schulsachen und die Schulgebühr wurden nun durch die Patenschaft übernommen. Während er immer noch Gelegenheitsjobs erledigt, um das Einkommen seiner Mutter von umgerechnet 1,50 Franken am Tag aufzubessern, verpasst Rubén jedoch nie den Schulbesuch, weil er etwa arbeiten müsste.

„Mit Gottes Segen leiden wir nicht“, sagt seine Mutter Inés. „Wir arbeiten, das Projekt hilft uns und wir sind in Ordnung. Bevor wir uns dem Projekt anschliessen konnten, litten wir viel. Meine Kinder hatten kein Essen, oft nicht eine einzige Mahlzeit. Manchmal hatten wir nicht mal ein Brot, das wir uns teilen konnten.“

„Ihr werdet nicht mehr leiden!“

Rubén, der heute ein Teenager ist, beschwert sich nicht darüber, dass er in einer Autowerkstatt in der Nähe seines Zuhauses Reifen repariert. Er weiß, dass sein Pate für seine Schulbildung sorgt, und mit einem Abschluss kann er später für seine Familie sorgen.

Rubén gehört zu den besten Schülern in seiner Klasse und träumt davon, erst die weiterführende Schule und später die Universität besuchen zu können. Dort würde er gern ein Studium zum Ingenieur absolvieren. „Ich werde dann ein Haus für meine Familie bauen und sie mit Essen versorgen. Sie werden nicht mehr Not leiden müssen, sie haben schon genug gelitten.“ Galia Oropeza, Compassion Bolivien